Heute ist es soweit. Ich habe Geburtstag und werde 30 Jahre alt. Was die einen mit einem müden Lächeln abtun, ist für die anderen schon alt. Schliesslich ist es immer eine Standpunktfrage. Aber eigentlich ist egal, wer was wie alt findet oder nicht.
Einerseits kackts schon ein bisschen an, denn die Zwanziger, die sind jetzt vorbei. Ich meine, 18 bin ich ja super gerne geworden. Da durfte ich endlich alles und ich war erwachsen. Auf dem Papier jedenfalls. Irgendwann kam dann der 25 Geburtstag, welcher schon nicht mehr so toll war. Es wurden alle Versicherungen teurer und ich ging von da an eben “auf die 30 zu”. Tja. Und jetzt ist es tatsächlich soweit. Was jetzt? Endzeitstimmung? Torschlusspanik? Keine Spur. Denn mein Leben ist und war einfach viel zu spannend um etwas zu vermissen. Oder mich nicht auf die Zukunft zu freuen.
Runde Geburtstage bringen ja immer eines mit sich: Ein Rückblick. Man schaut sich an, was man das letzte Jahrzehnt getan hat, was in seinem Leben alles passiert ist und wo man noch hin will. Das ist auch bei mir nicht anders. Obwohl, ein bisschen schon. Denn ich habe dich und ich möchte dich an meinen 30 Jahren teilhaben lassen.
Nicht nur einmal habe ich gehört, dass es zu wenige Fotos von mir gibt und das ich mich mit privatem eher bedeckt halte. Stimmt wohl auch, ich erzähle nicht so gerne von mir. Daher nehme ich meinen 30. Geburtstag zum Anlass, dir etwas mehr über mich zu erzählen.
***Spoiler-Alert: Das wird ein knallharter Ego-Artikel, wo es nur um eines geht: Mein Leben. Hier gibt’s jetzt 100% Sarah und (so ziemlich) alles, was es zu wissen gibt.*** Wenn dich das nicht interessiert, dann musst du jetzt wegklicken.
I’ve been looking for freedom*
Ganz klassisch von vorne? Ok… Meine ersten Kinderjahre bis zur Grundschule habe ich in einem kleinen Kaff in der Nähe von Bern verbracht. Und zwar so in einem richtigen Kaff, mit mehr Kühen als Einwohnern. Es gab weite, blumenbewachsene Wiesen und ganz viel Natur. Meine Familie ist selten weggefahren und wenn, dann zur Oma ins Seeland, was ja sogar noch im selben Kanton liegt.
Der Ort in dem ich gross wurde war als Kind ein Paradies. Ab und zu fuhr mal ein Auto vorbei, Verbrecher oder Gewalt kannte ich wohl nicht einmal vom Hörensagen und die Welt gehörte mir. Ich bin dort mit Ziegen, Kühen, Katzen, Eseln und was weiss ich noch sonst für Viechern gross geworden. Und natürlich mit meinen zwei Brüdern. Blumen pflücken, Tiere füttern und Verstecken spielen, so sahen unsere Tage aus. Ein Paradies eben und irgendwie genau so wie ein Kind aufwachsen sollte.
Manche Dinge haben sich aber schon damals abgezeichnet. Lesen und Schreiben? Während ich schon von klein auf Bücher verschlungen habe, lies auch das Schreiben nicht lange auf sich warten. Ich bin manchmal eher in mich gekehrt und kann mich auf Papier besser ausdrücken als mit gesprochenen Worten. Auch das war irgendwie schon immer so.
Auch Sport ist schon seit meiner Kindheit ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Ich habe einige Sportarten ausprobiert, war lange im Schwimmclub, war Reiten und habe Fussball gespielt.
Aber was mich nie losgelassen hat sind zwei Sachen, die mich noch heute faszinieren: Tanzen und Laufen. Während ich im Laufen immer noch sehr aktiv bin, hat sich das mit dem Tanzen eher gelegt. Aber auch nur, weil ich dauernd auf Reisen bin. Auf das Thema mit dem Tanzen komme ich noch zurück, aber das Laufen, dass hat mich schon seit jeher begleitet und schon als Knirps habe ich begeistert an Läufen teilgenommen.
*Song der Zeit von David Hasselhoff. Obwohl ich eigentlich Night Rider viel besser fand.
Sometimes I wish I were an angel…**
Aber aus dem süssen, kleinen Mädchen wurde irgendwann ein Teenie. Und damit kamen natürlich die üblichen Dramen und auch meine Zeit als Kelly Family Fan. Das war meine Welt, ich bin von Konzert zu Konzert gereist, habe all den Plunder gesammelt und dadurch aber auch ganz viele Brieffreundschaften gepflegt.
Auch damals war es schon da, das Schreiben. Und das war auch das erste Mal als ich in ganz Europa Kontakte gesammelt und Freundschaften geschlossen habe, die bis heute halten. Eben erst war ich ein Wochenende in München und zwar habe ich dort eine Freundin besucht, die ich in dieser Zeit kennengelernt habe. Diesmal waren wir aber auf der Wiesn…
Mit den Eltern sind wir immer ins Tessin, in den Süden der Schweiz, in den Urlaub gefahren. Zu der Zeit haben wir aber auch drei Reisen unternommen, die mich endlich das erste Mal weiter weg geführt und mich geprägt haben.
Das erste Mal ging mit einem VW-Bus durch Deutschland bis nach Schweden. Danach gings nach Ägypten und später nach Kuba. Alle drei Reisen waren sensationell und seit ich in Ägypten eine Bauchtänzerin live gesehen hatte, wollte ich das auch können. Kaum waren wir zurück in der Schweiz, habe ich mich auch gleich zu einem Kurs angemeldet. Ich hatte einige Jahre getanzt und auch ein paar kleine Auftritte und noch heute vermisse ich das wunderschöne Tanzgefühl. Mit dieser Reise habe ich auch meine erste grosse Liebe gefunden: Ägypten. Ich bin noch zwei weitere Male zurückgekehrt, war zum Tauchen dort, habe die Sinai Berge bestiegen, Kairo besucht und bin auch einmal nur für einen Tanzworkshop hingereist.
**”An Angel”, das Lied mit dem die Kelly Family berühmt geworden ist und meine Zimmerwände erobert haben.
Oh Lord, won’t you buy me a Mercedes Benz?***
Nach der Schule wusste ich nicht so recht was ich mit mir anfangen sollte, also machte ich, wie viele in dieser Situation, eine Ausbildung zur Kauffrau. Eine sinnvolle Ausbildung, eine gute Grundlage fürs Leben, was klassisches eben. Aber da wars eh schon zu spät, denn der Reisevirus hatte mich bereits infiziert. Es gab keine andere Alternative als zu gehen. Ein halbes Jahr nach Ende der Ausbildung habe ich gearbeitet, Geld gespart und bin dann zusammen mit meinem Freund nach Südamerika.
Es war nicht das erste Mal, dass wir alleine unterwegs waren. Ich war 19 Jahre alt und wir hatten bereits grosse Teile Europas und sowie Marokko zusammen bereist. Aber es war das erste Mal auf einem anderen Kontinent, so ganz alleine. Damals kannte ich aber keine Furcht oder Bedenken. Wir reisten los und hatten die wohl geilste Zeit überhaupt. Alles war neu, die Leute offen, überall waren wir willkommen, uns gehörte die Welt. Wir reisten in sieben Monaten einmal quer durch Südamerika und erlebten ganz viele Abenteuer. Wir tanzten durch Brasilien, trampten durch Paraguay, sahen grosse Naturwunder, liebten die Anden und kamen kaum mehr weg. Damals habe ich mich so ganz richtig fest in Südamerika verliebt. In das Leben, das Lieben, die Musik und die Literatur. Und diese Liebe ist bis heute ungebrochen.
Nebst dieser und weiteren Reisen nach Lateinamerika, Asien und Europa war diese Zeit geprägt von ganz viel Musik, Festivals und Partys. Ich habe vieles gemacht was Gott verboten hat, aber ich habe mein Leben in vollen Zügen genossen. Ich bin rumgelaufen wie der grösste Hippie, meine Helden waren Janis, Jimmy und und Bobby, ich war Stammgast an Goa-Partys und Festivals und ich liebte das Leben. Eine richtig geile Zeit eben.
Beruflich war ich auf der Suche, ich fand nichts, was mich wirklich glücklich gemacht hätte und probierte mich daher immer weiter aus. Was ich aber für mich entdeckte war das Thema Persönlichkeitsentwicklung, mit welchem ich mich auseinandersetzte. Ein wichtiger Teil davon war das Feuerlaufen, welches mir Wege zum Selbstbewusstsein aufgezeigt hat, die ich sonst wohl lange hätte suchen müssen.
Aber man wird ja in dieser Zeit stark durch sein Umfeld geformt. Und meine Freunde und meine Familie… Tja, was soll ich sagen? Die sind alle einfach sensationell. Denn eigentlich ist es egal was ich getan habe, welche Idee ich wieder mal verwirklichen musste. Sie waren immer alle da und haben mich bestärkt. Ich habe das Glück, immer noch die selben Freundinnen an meiner Seite zu haben wie seit dem Kindergarten. Sie und meine Familie haben mir immer den Rücken gestärkt, ob ich für Monate durch die Welt getingelt bin, eine Massagepraxis eröffnet habe, mir die Haare Violett gefärbt habe oder einfach nur Herzschmerz hatte, sie waren da. Immer. Bedingungslos. Und das ist Liebe.
An dieser Stelle vielen Dank dafür, dass ihr die letzten 30 Jahre an meiner Seite gegangen seid!
***Aus dem Song “Mercedes Benz” von Janis Joplin. Meiner Heldin. Anscheinend mag ich wirre Leute mit langen Haaren.
I got lost on the way but I’m a super girl****
In den letzten Jahren bin ich ruhiger geworden. Ich hatte so vieles gesehen und erlebt, dass ich automatisch etwas stiller geworden bin. Ich musste erst einmal alles verarbeiten. Und da haben sich auch die Themen hervorkristallisiert, die zwar schon immer da waren, aber zwischenzeitlich in den Hintergrund gerückt waren: Gesundheit (Laufen, Ernährung), Mindset (Lernen, Lesen), Selbständigkeit und Reisen.
Dann gab es ein neues Ziel, worauf ich mich fokussierte: Weltreise. Was schon immer mein Traum war, sollte nun Wirklichkeit werden.
Durch meine Vorbereitung darauf haben sich aber auch ganz neue Türen geöffnet und ich entdeckte eine neue Welt. Ich entdeckte, dass es Digitale Nomaden gibt. Ich entdeckte, dass ich nicht zwangsläufig in einem Büro in Bern arbeiten muss, dass ich selber etwas erreichen kann. Diese Erkenntnis hat immer weitere Kreise gezogen und mich zu immer mehr neuen Themen wie Selbstmanagement oder Entrepreneurship gebracht. Diese Themen sind super spannend und ich befinde mich noch mitten im Aufbau und in der Findung meiner Leidenschaften, aber auf bestem Weg und mit tollster Unterstützung.
Ich habe in letzter Zeit einige wichtige Dinge gelernt und was dazu gehört, ist: Mach es einfach. Egal worum es geht. Wenn du es willst, dann tue es.
Das habe ich auch so umgesetzt, als ich auf die Idee kam, über meine Weltreise zu bloggen. Sofort war aber klar, dass ein professioneller Anspruch meinerseits da war. Ich habe früher zwar immer Rundmails an Freunde und Interessierte gesendet, aber ich wollte ein grösseres Publikum erreichen.
Und ich wollte andere Reisende an meinen Erfahrungen teilhaben lassen, mit Tipps helfen können und einen Austausch über das Reisen fördern. Obwohl ich nicht die leiseste Ahnung vom technischen Hintergrund hatte (und damit auch heute manchmal noch zu kämpfen habe), habe ich innerhalb kurzer Zeit diesen Reiseblog entworfen.
Im letzten November gings dann endlich los: Ich flog nach Kuala Lumpur, dem Startpunkt meiner Weltreise. Auf eine ganz besondere Art war es ein Aufbruch in ein neues Leben. Es ist nicht nur das Reisen an sich, es ist die ganze Einstellung die meinerseits dahinter steht, die neuen beruflichen Aussichten, all die Perspektiven, die sich eröffnet haben. Und nicht zuletzt all die Menschen die ich kennengelernt habe, Reiseblogger, Unternehmer, Leute die mir zeigen, dass, nur weil ein Lebensentwurf nicht in den üblichen Bahnen verläuft, genauso gut oder schlecht ist. Es kommt halt immer darauf an, was man daraus macht.
****Auszug aus dem Song Supergirl von Reamonn. Welches ich einfach cool finde.
Por eso aún estoy en el lugar de siempre, en la misma ciudad y con la misma gente*****
Ja, seitdem bin ich auf Reisen, mal hier mal dort. Ich arbeite mal dieses, mal jenes, manchmal auch gar nichts. Was also habe ich mit 30 vorzuweisen? Erstmals: Ich will nichts im klassischen Sinn vorzuweisen haben, Diplome, Karriereschritte oder Anzahl Quadratmeter meines Hauses sind mir egal. Es gibt Menschen die definieren sich darüber. Das ist auch völlig in Ordnung so.
Ich aber, ich definiere mich selbst über das, was ich erlebt habe. Welche Abenteuer habe ich alle gelebt? Verwirkliche ich meine Träume? Tue ich, was ich wirklich will? Lebe ich tatsächlich so wie ich es will oder so, wie andere es erwarten? Habe ich die Leute um mich herum, die mir guttun und mich weiterbringen? Bringe ich diese Leute weiter? Was geben wir einander?
Diese Fragen mit einem Ja oder einem positiven Satz zu beantworten heisst für mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Auf dem Weg, der für mich stimmt und erfüllend ist. Mein Leben ist nicht das gelbe vom Ei. Es ist nicht perfekt und auch ich bin nicht immer nur glücklich und froh. Mein Leben ist auch nicht besser oder schlechter als das von anderen. Aber es ist genau so, wie ich es mir zusammengestellt habe und es für mich richtig ist. Und das mit 30 Jahren sagen zu können, das ist irgendwie voll cool.
In diesem Sinne: Auf weitere 30 erfüllende und verrückte Lebensjahre. Schön bist du mit dabei!
*****Aus “Se me olvidó otra vez” von Manà, einer meiner liebsten Bands.